Pressemitteilung Kulturrat 19.9.08
Bundesrat: Die Vernunft hat gesiegt, die Künstlersozialversicherung bleibt
Deutscher Kulturrat bedankt sich für breite Unterstützung beim Erhalt der Künstlersozialversicherung
Berlin, den 19.09.2008. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, freut sich sehr, dass der Vorstoß zur Abschaffung der Künstlersozialversicherung heute im Bundesrat gescheitert ist.
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hatte am 09.09.2008 in einer Eilmeldung gemeldet, dass in der heutigen Bundesratsitzung ein Antrag des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates abgestimmt werden soll, in dem es heißt: „Der Bundesrat fordert, dass die Künstlersozialversicherung abgeschafft oder zumindest unternehmerfreundlich reformiert wird.“
Der Deutsche Kulturrat hatte daraufhin die Ministerpräsidenten der Länder aufgerufen, bei der heutigen Bundesratssitzung ihre Kulturverantwortung ernst zu nehmen und der Empfehlung nicht zu zustimmen. Außerdem hatte der Deutsche Kulturrat die Künstler zum Widerstand gegen diesen Beschlussvorschlag aufgerufen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Vernunft hat gesiegt, die Künstlersozialversicherung bleibt. Es ist sehr erfreulich, dass eine übergroße Mehrheit der Ministerpräsidenten der Länder die geplante Abschaffung der Künstlersozialversicherung gestoppt hat. Es ist sehr erfreulich, wie viele Politikerinnen und Politiker des Bundestages und der Landtage sofort nach Bekanntwerden der Abschaffungspläne ihre Solidarität für die Künstlersozialversicherung erklärt haben. Es ist sehr erfreulich, dass Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, MdB (SPD) ebenso wie Kulturstaatsminister Bernd Neumann, MdB (CDU) eindeutig und unmissverständlich den Abschaffungsplänen eine Absage erteilt haben. Es ist sehr erfreulich, dass so viele Verbände aus dem Kulturbereich gegen die Abschaffungspläne protestiert haben. Ich hoffe sehr, dass diese eindeutige Reaktion der Bundes- und Landespolitiker, der Verbände und jetzt auch der Ministerpräsidenten der Länder dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag, der hinter dieser Initiative zur Abschaffung der Künstlersozialversicherung steht, zeigt, dass eine breite gesellschaftliche Mehrheit in Deutschland die soziale Absicherung der Künstlerinnen und Künstler über die Künstlersozialversicherung will. Wir rufen den Deutschen Industrie- und Handelskammertag auf, seine Attacken auf die Künstlersozialversicherung jetzt einzustellen.“
Pressemitteilung zur Künstlersozialversicherung (12.9.2008)
Bewährtes Modell der Künstlersozialversicherung nicht abschaffen
Die Künstlersozialversicherung sichert selbständigen Künstlern und Publizisten eine angemessene Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Mit Einführung der Künstlersozialversicherung im Jahr 1983 sind sie in das gesetzliche Sozialversicherungssystem einbezogen worden, da sie damals wie heute sozial meist deutlich schlechter abgesichert sind als andere selbständig Tätige.
Das Modell: Der in der Künstlersozialkasse versicherte Künstler zahlt sozusagen den „Arbeitnehmeranteil“. Der zweite Beitragsanteil, gewissermaßen der „Arbeitgeberanteil“, wird aus einer Abgabe der Unternehmen, die künstlerische oder publizistische Leistungen verwerten (z.B. beim Ankauf eines künstlerischen Werkes oder mit Honorar für die Gestaltung eines Druckerzeugnisses durch einen freischaffend tätigen Künstler) und einem Bundeszuschuss finanziert. Die Künstlersozialabgabe beträgt in diesem Jahr 4,9% auf das jeweilige Honorar (2007: 5,1% / 2006: 5,5%). Wenn jeder Verwerter seiner gesetzlichen Abgabepflicht nachkommt, wird der Prozentsatz sicher nicht steigen.
Der Wegfall der Künstlersozialversicherung wäre ein Kahlschlag auf dem Gebiet der Bildenden Kunst. Ganz besonders in den Neuen Bundesländern, wo das Gros der Bildenden Künstler mit seiner Profession kaum so viel Geld erwirtschaftet wie ein ALG II-Empfänger vom Staat bekommt, ist der monatliche Krankenversicherungsbeitrag privater Kassen ein Alptraum. Was wäre die Folge? Die Mehrzahl der professionellen, Bildenden Künstler könnte sich weder adäquat kranken- und pflegeversichern noch fürs Alter vorsorgen, ein Zahnarztbesuch oder eine Operation wären unerschwingliche Kostenfaktoren. Professionelle Künstler würden unter Sozialhilfeniveau mit der einzigen Alternative leben, sich ins Heer der Arbeitssuchenden einzureihen und ungewollte Sozialleistungen beanspruchen zu müssen, um versichert zu sein.
Die Künstlersozialkasse bietet mit der Künstlersozialversicherung die einzige bezahlbare Krankenversicherung für Künstler in Deutschland. Dieses solidarische Finanzierungsmodell stellt eine direkte Künstlerförderung dar. Durch sie wird ermöglicht, dass der Bildende Künstler professionell arbeiten kann und nicht als Hobbytätiger seinen Beruf ausübt. Immerhin hat er für seine Ausbildung oft ein Hochschulstudium von fünf und mehr Jahren absolviert.
Der Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. begrüßt ausdrücklich, dass die Vertreter aus dem Freistaat Thüringen sich nicht an der Forderung beteiligen, abgabepflichtige Unternehmen von ihren Sozialversicherungspflichten auf Kosten der Urheber zu befreien. Jedes Bundesland muss seinen Beitrag zur Erhaltung der Kunst und Kultur in Deutschland leisten. So geht unsere Aufforderung in alle Länder, die Künstlersozialversicherung als eine der wichtigsten Säulen der Künstlerförderung in Deutschland nicht mit unternehmerfreundlicheren Änderungen zu gefährden.
Professor Klaus Nerlich
Sprecher des Verbandsrates
Der Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. ist die anerkannte berufsständische Vertretung der Bildenden Künstlerinnen und Künstler in Thüringen. Als solche berät er seine ca. 350 Mitglieder in berufsbezogenen und sozialen Fragen und verleiht nicht nur ihnen, sondern allen in Thüringen lebenden Bildenden Künstlern eine Stimme in kulturpolitischen Diskussionen.
Mehr Informationen zum Verband bietet die Website www.kuenstler-thueringen.de